Vom Point of Sale zum Point of Experience

Vom Point of Sale zum Point of Experience

Was meine ich mit: – Vom Point of Sale zum Point of Experience? Ein kleines Beispiel:

Haben Sie in einem Hotelzimmer schon mal unters Bett geschaut? Dann konnten Sie wahrscheinlich feststellen, dass es dort nicht immer sauber ist. Stellen Sie sich vor, Sie würden an dieser Stelle stattdessen einen Zettel finden:
„Lieber Gast, vielen Dank, dass Sie uns dabei unterstützen, dass unsere Zimmer in jeder Ecke für unsere Gäste vorbereitet sind. Bitte kommen Sie mit diesem Zettel zur Rezeption. Gerne würden wir von Ihnen erfahren, ob es uns gelungen ist, Ihr Zimmer perfekt zu reinigen, oder ob wir etwas besser machen können. Für Ihre Mitwirkung laden wir Sie auf eine Flasche Champagner ein.“

Klingt nach einem guten Deal, oder? Dieses Hotelmanagement ist doppelt clever. Es nutzt den Gamification-Ansatz, um Kundenverhalten spielerisch-unterhaltsam zu steuern. Gleichzeitig trägt es dazu bei, dass die Begegnung in Erinnerung bleibt. Das Unternehmen schafft einen Moment, der sich zu erzählen lohnt.

Manch ein Gast findet diese Idee so charmant oder lustig, dass er darüber in den sozialen Medien berichtet, am besten mit Foto und Hotelname. Günstiger können Betriebe Aufmerksamkeit und Reichweite nicht bekommen – und auch keinen Qualitätscheck.

Für mehr Profit: Erlebnis statt Effizienz

Viele Firmen konzentrieren sich auf den klassischen Verkaufsort. Dieser wird bis ins äußerste aufgehübscht, ausgebaut und verkaufsfördernd optimiert. Typischerweise bauen Unternehmen den Point of Sale vor allem nach Effizienzgesichtspunkten auf: Wie verkaufe ich möglichst viel und möglichst profitabel?

Jeder professionell geführte Supermarkt berücksichtigt heutzutage Laufrichtungen, Blickachsen und Griffhöhen. Am Eingang sorgt die Bäckerei für guten Duft, die bunte Obst- und Gemüseabteilung erfreut das Auge und verbreitet gemütlichen Markt-Flair. Eltern wissen zudem, warum der Kassenbereich „Quengelzone“ heißt. Auch der große schwedische Möbelhändler hat nicht ohne Grund Teelichter, Pflanzen und Kerzenhalter per Slalom zu seinen Kasse an strategisch klugen Punkten im Laden verteilt.

Knalleffekte nutzen sich ab, menschliche Zuwendung nicht

Verkaufssteigerung durch klugen Aufbau, Effizienz und Geschwindigkeit ist grundsätzlich eine gute Idee. Es ist immer lukrativer, den Umsatz zu erhöhen, als Kosten einsparen zu wollen. Sparpotenziale sind endlich, Umsatzpotenziale nicht. Der gut durchdachte und effiziente Laden oder Verkaufsprozess ist das Pflichtprogramm jedes Unternehmers. Doch da geht noch mehr! Es gibt Alternativen, um den Kunden langfristig zu begeistern.

Die Kür besteht darin, den Klienten oder Besuchern angenehme Erlebnisse zu bescheren – sprich positive Emotionen bei ihnen auszulösen. Was viele Anbieter dabei übersehen: Das ultimative Erlebnis ist fast immer eine außergewöhnliche menschliche Begegnung. So viele Wasserfälle, künstliche Wellen und Markeninseln können Firmen gar nicht bauen, um Kunden und Interessenten dauerhaft zu begeistern. Solche Highlights besichtigen Menschen einmal, dann kennen sie es. Ausstattungseffekte nutzen sich irgendwann ab, menschliche Zuwendung nicht.

Der Faktor Mensch beeinflusst Erlebnismomente im positiven wie im negativen Sinne. Eine gestresste, abgelenkte Sales-Kraft macht auch ohne harschen Ton den Einkauf zu einem ärgerlichen Event. Eine Mitarbeiterin, die den Gast an der Hotelrezeption hingegen freundlich empfängt, das Meldeformular bereits ausgefüllt hat, aus der Küche noch einen Snack organisiert etc., nimmt stärker Einfluss auf sein zukünftiges Buchungsverhalten als jedes Bonusprogramm – Vom Point of Sale zum Point of Experience

Vom Point of Sale zum Point of Experience

Auch in meiner Unternehmer-Mastermind sorge ich immer wieder für Begeisterung.

Nur wer begeistert ist, kann andere begeistern

Begeisterung entsteht immer dann, wenn Erwartungen übertroffen werden. Je mehr ein Betrieb sich also über die Erwartungshaltung seiner Zielgruppe im Klaren ist, desto einfacher hat er es, ein positives Erlebnis zu schaffen. Menschen kaufen keine Dienstleistungen oder Produkte. Sie investieren in Erinnerungen und Erlebnisse. Profis lernen, diese Erkenntnis zu verinnerlichen und sie auch mit allen Mitarbeitern zu teilen. Das ganze Team muss für den Mehrwert echter Kundenfreundlichkeit sensibilisiert werden.

Im ersten Moment erscheint diese Strategie vielleicht weniger effizient als ein ausgeklügelter Point of Sale. Doch perspektivisch führt sie zu höheren Umsätzen und häufig auch zu kauffreudigeren Kunden. Glückliche Käufer sind schließlich die beste Werbung. Jede Investition in Kundenzufriedenheit begrenzt die klassischen Streuverluste.

Für die Extrameile genügt ein kleiner Vorsprung

Und ja: Menschen konstant zu begeistern, ist eine enorme Herausforderung. Die wichtigste Voraussetzung sind zweifellos die richtigen Mitarbeiter. Wer nicht lächeln kann, sollte kein Geschäft eröffnen, sagt man in China – ich möchte ergänzen: und auch in keinem arbeiten. Meist braucht es gar keine strapazierende „Extrameile“, um Kunden zu überzeugen. Oft reicht schon ein kleiner Vorsprung, um sich vom Wettbewerb abzuheben.

Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Je nach Branche lassen sich gekaufte Geschenke spektakulär verpacken, Cabriokäufer mit einem Picknickkorb verwöhnen oder für Kinder eine Spielecke einrichten. Grundsätzlich gilt: Seien Sie kreativ – manchmal reicht sogar ein cleverer Zettel unterm Bett im Hotelzimmer.

Sie wollen mehr zum Thema erfahren? In meinen Buch „55 Business-Turbos für KMU“ lesen Sie weitere Beispiele, welchen Unterschied ein besonderes Erlebnis machen kann.

 

Ihr Philip Semmelroth