Der dritte Anbieter macht den Stich
Wussten Sie, dass ein Kunde auf der Suche nach einem neuen Anbieter fast immer dem dritten Kandidaten den Zuschlag gibt? Die Zahl drei ist so fest in unserer Kultur verankert wie die Zehn Gebote im Christentum. Wir lieben den Dreiklang: ABC, XYZ, groß-mittel-klein. Drei Empfehlungen, drei Argumente, drei Angebote – das hat oft sachliche Gründe, ist aber auch einfach ein beliebtes rhetorisches Muster.
Was nicht allen Unternehmern klar ist: Schaut ein Kunde sich mehrere Optionen an, hat der dritte Anbieter immer die besten Chancen für den Stich. Warum das so ist, erkläre ich Ihnen gern
Je später Sie ins Spiel kommen, desto wahrscheinlicher bekommen Sie den Zuschlag
Nehmen wir folgendes Szenario an: Ein Unternehmen oder Privatmensch steht vor einer größeren Investition. Vielleicht will die Firma ihren IT-Anbieter wechseln, ein Bekannter ein Haus bauen oder jemand einen Produktlaunch groß über die Bühne bringen. Egal, worum es geht – für den Betroffenen ist das Ganze finanziell eine größere, nicht alltägliche Sache.
Gleichzeitig halten viele Menschen oder Firmen aus Unsicherheit gegenüber Neuem über lange Zeit an einem Dienstleister fest. Ein Wechsel fällt grundsätzlich eher schwer. Erst wenn der Schuh merklich drückt, gehen Frustrierte auf die Suche nach einem neuen Partner. Diese Situation ist für den Kunden ungewohnt und geht mit Unsicherheit einher.
Bevor jemand ein solches Risiko eingeht, möchte er auf Nummer sicher gehen. Er will wissen, dass er sein Geld klug investiert, zukünftig mit dem richtigen Team arbeitet und am Ende bekommt, was er sich vorgestellt hat. Gleichzeitig soll sich die neue Zusammenarbeit gut anfühlen und Spaß machen.
Diese Ausgangslage löst beim Käufer vier Dinge aus:
- Der Kunde oder die Kundin lässt Vorsicht walten.
- Der Kunde hat ein hohes Bedürfnis nach Information.
- Er oder sie wünscht sich ein besseres Verständnis der Zusammenhänge.
- Er sucht nach Indizien für die allgemeine Sinnhaftigkeit der geplanten Investition.
In dieser Situation sitzen Kunde und potenzieller Dienstleister nun zusammen. Der erste Anbieter muss jetzt erst mal alle Details sortieren. Der Interessent hat zu wenig Ahnung von der Materie, um konkrete Wünsche zu äußern. Daher muss der Anbieter sehr viel erklären. Ist das Gespräch beendet, hat der Kunde viel Neues gelernt. Die Situationen mutet für ihn jedoch wie eine Unterrichtsstunde an. Er fühlt sich dumm und unterlegen.
Das Ganze ist kein Austausch auf Augenhöhe: Der Interessent startet grob gesagt mit 0 Prozent Wissen, der Verkäufer mit 100 Prozent. Es ist unwahrscheinlich, dass der Kunde den Anbieter wiedersehen möchte. Lieber blendet er die unangenehme Erfahrung aus. Er will vermeiden, dass dieses Gefälle auf die weitere Zusammenarbeit abstrahlt.
Wer den Kunden ausbildet macht in der Regel nicht den Deal
Wer sich schwächer fühlt, weicht dem Starken lieber aus
Im zweiten Gespräch ist der Kunde besser vorbereitet. Er nutzt sein neues Wissen und stellt dem nächsten Profi ein paar Fragen. Sie sollen den Eindruck vermitteln, dass er weiß, worum es im Kern geht. Da sich sein Wissensstand inzwischen bei etwa 50 Prozent befindet, ist er schon viel näher an den Anbieter herangerückt.
Das Gespräch läuft relativ entspannt ab. Ein gewisses Gefälle ist noch spürbar, aber der Kunde fühlt sich nicht mehr so vorgeführt. Folglich öffnet er sich grundsätzlich für eine Zusammenarbeit. Aber nur wenn es dem Anbieter gelingt, ihn auf der Beziehungsebene abzuholen.
Im Vertrieb überzeugen: Endlich ein Gespräch auf Augenhöhe
Im dritten Kontakt fühlt sich der Kunde thematisch deutlich sattelfester. Er weiß, welches Budget er grob einplanen muss, welche Lösungswege es für die Aufgabenstellung gibt, wie der Übergang von der alten auf die neue Situation ablaufen könnte, welche Ausfallzeiten entstehen und welche Vorbereitungen er leisten muss.
Durch die gewonnenen Informationen aus den ersten beiden Gesprächen kann er sehr gut einschätzen, ob sein dritter Gesprächspartner wirklich vom Fach ist. Der Kunde merkt, ob der Verkäufer nicht nur an Punkte denkt, die er schon kennt. Wer hier als Anbieter zusätzliche Aspekte anspricht, punktet extrem.
Das dritte Gespräch fühlt sich wie ein fachlicher Austausch an – zwei Menschen, die alles unter Kontrolle haben und sich auf Augenhöhe begegnen. Das Gespräch ist zum Diskurs zwischen zwei Experten geworden – beide sind lediglich auf unterschiedlichem Gebiet unterwegs. Vor diesem Hintergrund erkennt der Interessenten leicht, dass man gut zusammenpasst und sich ideal ergänzt.
„Wie viele Anbieter werden Sie sich denn anschauen?
Die Vorkenntnisse erleichtern dem Kunden, zwischen verschiedenen Lösungen zu entscheiden. Er ist offener, entspannter und entschlussfreudiger, weil er sich im Gespräch nicht unterlegen fühlt. Das erhöht die Abschlusswahrscheinlich in Gespräch Nummer drei extrem. Sie fragen sich jetzt, wie Sie den dritten Termin bekommen? Der einfachste Weg ist, danach zu fragen.
Ist jemand auf der Suche nach einem neuen Dienstleister, fragen Sie ganz offen: „Werden Sie sich mehr als einen Anbieter anschauen?“ Auch Zögerliche beantworten die Frage zumeist mit „Ja“. Sie haken nach: „Wie viele werden Sie sich denn anschauen?“ Darauf reagiert das Gegenüber wahrscheinlich mit: „Vielleicht zwei oder drei.“ Jetzt fragen Sie einfach, ob er Ihnen einen Gefallen tun könnte. Niemand lehnt hier gleich ab.
Weil drei eine Glückszahl ist
Fragen Sie, ob Sie den dritten Termin haben könnten. Meist erhalten Sie ein weiteres Ja. Ausnahmen fragen nach dem Warum. Hierbei ist es völlig egal, was Sie sagen. Hauptsache, Sie machen keine Pause und formulieren selbstbewusst. Alles andere würde den Kunden verunsichern. Ich antworte zum Beispiel: „Weil drei meine Glückszahl ist!“ Der Kunde lacht dann meistens und macht einen entsprechenden Terminvorschlag.
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Ihr
Philip Semmelroth